Das Interview mit Angelo Bellini

Allgemein

Couch, orange mit ANGELO BELLINI

Ein entspannter Künstler sitzt auf unserer Couch. Angelo Bellini ist seit dem ersten Tag fester Bestandteil unserer Galerie und wird von vielen Mitkünstlern sehr geschätzt. Er wirkt ausgesprochen fidel und seine Ausführungen werden immer wieder von seinem Lachen unterbrochen.

Bellini, Couch orange

Angelo Bellini auf der Couch, Orange

Galerie Meisterstück:

  1. Lieber Herr Bellini, von allen Künstlern wissen wir über Sie am wenigsten. Würden Sie uns und unseren Kunden eine Freude machen und beschreiben, wie und wo sie wohnen?

Angelo Bellini: Ich lebe in Lecco, am Comer See. Seit 1996 und seit ebenfalls ungefähr zwanzig Jahren verbringe ich etwa die Hälfte des Jahres auf der Insel Sant´Antioco südwestlich von Sardinien im Sulcis-Archipel. Dort lebe ich als Künstler, – aber auch als Bauer. Ich komme aus einer Bauernfamilie und habe einen sehr starken Bezug zum Land und zur Landwirtschaft.  Ich lebe dort also zwei Leben. Dort fühle ich, dass die Erde und das Land der Ursprung von uns allen ist.

  1. Sie haben auch für Architekturbüros gearbeitet, was haben Sie dort gemacht?

Angelo Bellini: Ich habe mein Architekturstudium nach 6 Semestern abgebrochen, ich bin also kein Architekt geworden, sondern habe Kunstgeschichte und Malerei an der Brera-Akademie studiert. Danach habe ich jedoch für die größten und bekanntesten Architekturbüros Mailands gearbeitet. Ich war dafür zuständig, die Zeichnungen dieser großen Architekten in einer Illustration zusammen zu fassen. Es ging darum, die Projekte realistisch wiederzugeben und die Ideen so darzustellen, dass sich die Auftraggeber etwas darunter vorstellen konnten. Seitdem habe ich diesen Bezug zur Architektur und das findet sich in meinen Gemälden wieder. Ich bin auch durch die Studien der Kunstgeschichte sehr geprägt worden und deswegen sind in meinen Bildern oft italienische Gebäude der Renaissance und Barockzeit zu sehen.

  1. Es gibt eine herrliche Monographie über Sie und Ihre Werke. In diesem Buch ist der deutsche Teil leider sehr stark gekürzt. Würden Sie für uns daher Ihren Weg zum Künstler noch einmal nachzeichnen?

Angelo Bellini: Ich habe als kleines Kind angefangen zu malen. Weil ich auf die Wände bei mir zu Hause gekritzelt habe, hat mich meine Mutter sogar verhauen. (lacht) Da habe ich mich unter dem Spülbecken versteckt, weil da eine Ecke war, die von einer kleinen Gardine geschützt war und ich bin da reingekrochen und habe mit der Kohle des Kamins da drinnen gemalt. Ich habe die Tiere unseres Bauernhofes gemalt. Damit hat es angefangen. Ich habe dann an einem Kunstgymnasium gelernt und anschließend bin ich an der Akademie in Brera angenommen worden. Ich habe dort studiert und 40 Jahre lang selbst an Kunstgymnasien Zeichnen und Malen unterrichtet. Ich bin auch Rektor eines Kunstgymnasiums gewesen. Nachdem ich meine Arbeit als Lehrer aufgegeben habe, bin ich dann als Künstler Vollzeit tätig gewesen. Das bin ich immer noch. Ich habe aber nebenher in meinem Atelier auch zahlreiche Malkurse gegeben.

  1. Haben Sie ein Lieblings-Gebäude? Eines das Sie immer wieder malen?

Angelo Bellini: Es gibt viele Gebäude, die mich begeistern. Ich bin vor allem an einer bestimmten Epoche der Kunstgeschichte interessiert und in jeder Stadt gibt es ein Gebäude, das für mich ganz besonders ist. In Rom zum Beispiel von Giovanni Maggiore oder in Venedig der Palazzo Ducale oder Santa Maria del Fiore in Florenz, in Mantua der Piazza della Erbe. Ich kann daher nicht sagen, dass es ein Gebäude gibt, das mich besonders inspiriert. Oft sind es die weniger bekannten Gebäude die für mich architektonisch interessanter sind.

  1. In vielen Ihrer Stillleben kommen Instrumente vor. Wie ist das zu erklären?

Angelo Bellini: Ich muss sagen, dass ich mir als kleines Kind selbst das Mundharmonikaspielen beigebracht habe. Ich spiele sie in Sardinien immer noch sehr gerne. Bei Sonnenuntergang. Dann improvisiere ich vor mich hin. Aber ich würde mich nicht als Musiker bezeichnen. Ich betrachte die Instrumente, die ich male, als Teil unserer Kultur. Ich bin auch kein besonderer Musikkenner. Ich mag klassische Musik sehr gerne, – sie läuft auch oft, während ich arbeite. Aber hauptsächlich interessieren mich die Formen der Instrumente. Hierbei augenfällig oft Begleitinstrumente. Die Geige ist hier die Ausnahme, aber viele der anderen werden für Begleitstimmen genutzt. Die Tuba interessiert mich z.B. sehr aufgrund ihrer Form.

Letztendlich sind es Instrumente, die ich in meinem Atelier herumliegen habe, deswegen tragen diese Instrumentenstillleben oft den Titel „Im Atelier“, weil sie eben dort sind. Ich benutze sie für Kompositionen, ich stelle sie wie lebendige Modelle auf und bilde sie so ab. Und manchmal sind sie die Staffage zu anderen Gegenständen in Gemälden, die gar nichts mit Musik zu tun haben. Es fügt sich einfach als Komposition zusammen.

  1. Wir wissen, dass sie von vielen Kollegen bewundert werden. Gibt es zeitgenössische Maler, die Sie bewundern?

Angelo Bellini: Selbstverständlich bewundere ich andere Maler. Alle Künstler die etwas auf sich halten, sollten jemanden bewundern, vor allem die alten Meister. Ich habe viele alte italienische Meister bewundert, vor allem die vielen Bellinis, deren Werke ich in der Pinakothek in Brera jeden Tag betrachten konnte. Als ich in der Akademie studiert habe, hatte ich freien Zugang zu der Pinakothek Brera und da habe ich jeden Tag diese Meisterwerke studiert und betrachtet. Aus dieser Zeit habe ich so viele kulturelle und Technische Details studiert in diesen Bildern und alle Maler die für mich bedeutend sind haben alle aus diesen Malern der früheren Zeit etwas gelernt. Ich bin der Meinung dass man sich immer eine Stufe schlechter fühlen sollte im Vergleich zu anderen Künstlern. Nur wenn man das Gefühl hat, noch nicht angekommen zu sein, kann man sich weiter entwickeln. Wenn ich denken würde, dass ich schon besser als alle anderen bin, dann wäre da kein Raum für Entwicklung mehr.

  1. Bei uns außergewöhnlich beliebt sind Ihre Venedig-Ansichten. Wenn Sie eine italienische Stadt wählen müssten, um für immer diese zu malen, welche wäre es?

Angelo Bellini: Venedig trage ich immer in meinem Herzen. Ich durfte auch eine Zeitlang dort wohnen, bei einem Freund.

In Venedig kann der Künstler aus unerschöpflichen künstlerischen und architektonischen Inspirationen schöpfen. In meiner ersten Ausstellung habe ich Werke ausgestellt, welche die Mauern Venedigs gezeigt haben. Es gibt diese Mauern in Venedig, wo Touristen und Einwohner Graffitis hinterlassen haben, teilweise konnte man die Mauersteine noch sehen und der Putz war oft abgeblättert. All diese Elemente bildeten für mich eine Geschichte und seitdem bin ich von Venedig fasziniert. Ich habe dann langsam meinen Blick gehoben,-  ich bin weg von diesen Mauern und habe nach Oben geschaut und die Architektur wahrgenommen und das hat sich immer wieder in meinen Werken gespiegelt.

Jetzt bin ich zu einem Punkt gekommen wo ich die Architektur doppelt darstelle, weil ich die Gebäude, die sich im Wasser in den Kanälen widerspiegeln, male. So entsteht eine doppelte Architektur die mich sehr fasziniert. Venedig ist für mich eine absolute Ausnahmestadt. Viele machen sich Gedanken, ob sie vom Wasser verschluckt wird. Für mich ist das Wasser in Venedig eigentlich die Rettung gewesen, dadurch konnte sich Venedig vor der Außenwelt schützen, in eine unangreifbare Festung im Wasser verwandeln. Klar macht mir Sorgen, dass die Stadt eines Tages vom Wasser verschluckt werden wird. Ich hoffe, dass die moderne Technik die jetzt eingesetzt wird, das verhindern kann. In seiner Geschichte hat das Wasser Venedig auf jeden Fall eher geschützt als geschadet.

  1. Wie finden Sie ihre Motive?

Angelo Bellini: Für mich kann alles faszinierend sein. Als Kind habe ich immer meinen Vater beobachtet, der bei der Feldarbeit war, als er mit dem Spaten die Erde gestochen hat, also die Krume aus der Erde rausgeholt hat. Und diese genauen Stiche in die Erde waren für mich extrem faszinierend. Die Wurzeln, die Würmer, die in der Erde „Zeichnungen“ gebildet haben waren an sich schon sehr interessante Motive. Meine ersten Bilder beschäftigen sich mit den verschiedenen Schichten des Erdreichs. Diese Motive, die die Natur selbst in die Erde malt sind mein Ausgangspunkt gewesen. Immer noch spielen heute unbedeutende Gegenstände ganz wichtige und interessante Rollen.

 

Interessant ist, was man selbst in interessierter Weise betrachtet. Die Gegenstände die wir genau sehen und von denen wir fasziniert sind, werden ein Teil von uns. Wir können uns diese Gegenstände aneignen und dadurch werden sie an sich für mich interessant. Es gibt Maler, die sich spezialisiert haben. Manche malen nur Bäume, die vom Wind gepeitscht werden, andere malen Birnen, andere Äpfel.

Ich bin kein Spezialist, für mich gibt es sehr viele interessante Gegenstände. Als Zeichenlehrer in der Schule, musste ich mich einfach für alle Gegenstände an sich interessieren.

  1. Welches ist Ihre Lieblingsfarbe?

Angelo Bellini: Alle Farben! Mir gefallen alle Farben (lacht)!


, , , , 2. Juli 2016

Comments are closed.